Natürliche Translation der Knie über die Fußspitzen in einer Kniebeugebewegung

"Knie nicht über die Fußspitzen!" - Schluss mit diesem Mythos!

Wie oft hast Du schon von deinem Trainer oder Physiotherapeuten gehört: „Achte darauf, dass deine Knie nicht über die Fußspitzen gehen“? Wahrscheinlich viel zu oft! Diese Empfehlung basiert auf veralteten Informationen und verbreitet unnötige Angst vor einer ganz natürlichen und alltäglichen Bewegung. Ob Du nun von einem Stuhl aufstehst, eine Treppe hinuntergehst oder dich hinkniest – deine Knie bewegen sich dabei ganz automatisch über die Zehen. Trotzdem hält sich dieser Mythos im Krafttraining und (erschreckenderweise) auch in der Physiotherapie hartnäckig: Tiefe Kniebeugen oder Ausfallschritte mit den Knien über den Zehen seien angeblich schädlich für deine Knie. In diesem Artikel zeigen wir dir, warum es höchste Zeit ist, mit diesem Mythos aufzuräumen!

Knie über die Fußspitzen – völlig normal!

Bevor wir diese Bewegung komplett verteufeln, lass uns kurz überlegen, wie oft sie im Alltag ganz selbstverständlich passiert. Vielleicht sitzt Du gerade am Schreibtisch bei der Arbeit (erwischt!) oder auf einer Bank im Gym zwischen deinen Sätzen (Handy weg und weiter geht’s!). Sobald Du aufstehst, müssen sich deine Knie nach vorne bewegen. Warum? Ganz einfach: Physik.

Wenn Du sitzt, liegt dein Körperschwerpunkt hinter deinen Füßen. Um aufzustehen, musst Du ihn über deine Füße bringen – also nach vorne lehnen und die Knie nach vorne schieben. Noch deutlicher wird das beim Treppensteigen oder -hinuntergehen oder beim Knien auf dem Boden: Auch hier bewegen sich die Knie klar über die Zehen, damit Du nicht das Gleichgewicht verlierst.

Was passiert dabei biomechanisch?

Nun ja… Die Knie gehen kurzzeitig über die Zehen – das ist alles. Die Welt geht nicht unter und deine Kniescheibe explodiert nicht. Ok das ist natürlich etwas plakativ ausgedrückt. Natürlich ist es so, dass mehr Belastung in bestimmten Strukturen entsteht, je weiter das Knie über die Zehen hinausragt. Doch das ist nicht automatisch schlecht – sondern erst einmal nur reine Biomechanik.

Wenn Du zum Beispiel eine Kniebeuge machst, erzeugen deine Quadrizeps-Muskeln ein Drehmoment, um das Knie zu strecken (beim Aufstehen) oder die Beugung zu kontrollieren (beim Absenken). Um bei einer Kniebeuge das Gewicht effizient zu bewegen, musst Du deinen Körperschwerpunkt über der Mitte des Fußes halten. Das geht nur, wenn sich die Knie mit nach vorne bewegen.

Je weiter die Knie nach vorne kommen, desto größer ist der Hebelarm deiner Oberschenkelmuskulatur, und desto mehr Drehmoment kann sie erzeugen. Dabei werden Strukturen wie das Patellofemoralgelenk und die Patella- oder Quadrizepssehne stärker belastet – aber das ist nicht automatisch „schädlich“.

Mehr Belastung = schlecht?

Nicht unbedingt. Wie bei allem im Training gilt: Wenn dein Körper nicht auf bestimmte Belastungen vorbereitet ist, kann das zu Überlastungssymptomen wie Schmerzen führen. Wenn deine Knie aktuell (noch) nicht stark genug sind, um häufige oder intensive Kniebeuge- oder Ausfallschrittübungen unter Last zu verkraften, dann ist es sinnvoll, sich zunächst langsam an diese Bewegungen heranzutasten und progressiv zu steigern. Das ist in diesem Fall nichts anderes als bei anderen Bewegungen auch. Wenn Du zum Beispiel schon viele Jahre lang nicht mehr Joggen warst, solltest Du nicht direkt mit 15 km starten, denn sonst wirst Du am nächsten Tag die Quittung dafür bekommen. Heißt das, dass Joggen schädlich ist? Nein, Du musst dich eben nur wieder langsam an höhere Belastungen gewöhnen.

Deshalb gilt: Mit gezieltem Training, angepasster Belastung und sauberer Technik kannst Du deine Knie schrittweise an Beugung und Streckung unter Last gewöhnen und damit belastbarer und weniger anfällig für Probleme machen.

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